Protest und Erinnerung

Die Filmreihe "Protest und Erinnerung" widmet sich wie auch schon 2012  Menschen, Filmemacherinnen und literarischen Persönlichkeiten  die in den Diktaturen Osteuropas bis Anfang der Neunziger Jahre sich nicht der allgemeinen Geschichtsschreibung unterordneten sondern auf der Suche nach Wahrheit und anderen Lebensformen immer wieder mit dem System in Widerstreit kamen. Neben Pavel Kohout gehört Eva Kanturkova zu den bekanntesten und aufrichtigsten Persönlichkeiten des Prager Aufstandes 1968 und seinen  Folgen, der weiteren Entwicklung von Staatsideologie und Opposition in der damaligen Tschechoslowakischen Republik. Milan Kundera und Bohumil Hrabal gehören zu den renitenten Kollegen der tschechischen Schriftsteller und liefern die Vorlagen für zwei Filme des Programms. Mit  Arnost Lustig treffen wir auf einen Menschen der sowohl den Holocaust wie die Jahre um 1968 erlebt hat und nach seiner Rückkehr wie kaum ein anderer Vergangenheit und Gegenwart miteinander emotional und lebendig verbunden hat.

Mit einem Journal zur ersten Filmzeitschrift des ehemaligen Jugoslawien lenken wir die Aufmerksamkeit auf ein Land welches von besonderen  Bedingungen geprägt auf eine besondere Filmtradition Verweisen kann.

Am Ende dieser Reihe ein Film aus Ungarn, der sogar nicht aus alten Zeiten berichtet, der aber im postsozialistischen Erleben und der Kontinuität von Gegensätzen wie Intoleranz und

Rebellion, Dogmatismus und Widerstand ein wichtiges Zeitdokument darstellt.

 

 

Mit freundlicher Unterstützung der Stiftung Aufarbeitung.

 

Out in Ostberlin

D 1993 | 93 min

Regie: Jochen Hick, Andreas Strohfeldt

 

Im Gegensatz zur Bundesrepublik entkriminalisierte das Strafgesetzbuch der DDR Homosexualität schon 1968. Doch der Arbeiter- und Bauernstaat nahm seine schwulen und lesbischen BürgerInnen keineswegs mit offenen Armen auf, ihre Sexualität wurde zum Tabu und sie wurden aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gedrängt. Die »verzauberte« Kriegsgeneration fühlte sich in ihrem Streben nach unauffälliger Normalität provoziert von den Jüngeren, die sich outeten und offen Freiräume einforderten. 13 berührende Einzelschicksale verdeutlichen die privaten und politischen Entwicklungen, die zur Opposition gegen den Staatsapparat führten. Die Gründer der Ost-Berliner LGBT-Bewegung, die »Terrorlesben« aus dem Prenzlauer Berg, kommunistische Schwule und Kirchengruppen - sie alle wollten eine Veränderung des Systems und hofften auf mehr Offenheit im Umgang mit ihrer Sexualität. Als die Ersten die Ausreise beantragten, wurden sie zum Problem und Stasi-Romeos umgarnten junge Schwule. Nachrichtenbilder aus dem Archiv und alte DDR-Wochenschauen illustrieren die historische Dimension dieser individuellen Schicksale.

 

Samstag 04.05. 21.00 Hillersche Villa, Zittau

zu Gast: Jochen Hick  

 

Nezaposleni Ljudi / Die Arbeitslosen

Jugoslavien 1968 | 13 min serbo-kroatisch + dtÜ + eUT

Der Film portraitiert Menschen, die in der Zeit der ökonomischen Reformen in Jugoslawien arbeitslos wurden, obschon diese doch eine unabhängige, funktionierende Marktökonomie hätten schaffen sollen. Der Film lässt die Arbeitslosen über ihre schwierige persönliche Situation und ihre Zweifel an der sozialistischen Bürokratie sprechen.

 

Crni Film / Der schwarze Film

Jugoslavien 1971 | 14 min

 

Eines Abends sammelt Zilnik eine Gruppe obdachloser Männern in den Strassen von Novi Sad ein und bringt sie bei sich unter. Während diese sich bei ihm zu Hause vergnügen, versucht Zilnik das "Problem der Obdachlosen" zu lösen und spricht mit Sozialarbeiten, gewöhnlichen Menschen und Polizisten, die allesamt die Augen vor dem Problem verschliessen.

 

04.05. 15.00 KUNSTBAUERKINO 2, GROSSHENNERSDORF

Als VORFILME ZU "STONE GAMES"

 

Vrancenky / Lenin, der Herrgott und die Mutter

CZ 1990 94 min

Regie: Jan Schmidt
Darsteller: Jakub Cihák, Ondrej Dudek, Jana Frejová, Josef Jezek

 

Die Geschichte einer Kindheit im stalinistisch geprägten Prag der fünfziger Jahre. Honza, ein zehnjähriger Junge, wächst mit seiner Schwester in einer vaterlosen Familie auf. Die Mutter, eine zunächst überzeugte Kommunistin, verliert vor allem durch die politischen Prozesse den Glauben an die Partei und wird zeitweilig selbst inhaftiert. Der Junge erlebt die politischen Prozesse auf seine ganz persönliche Weise und begreift schließlich, ebenso wie seine Mutter, daß die Hoffnung auf eine bessere Zukunft nur in einem selbst liegen kann.
Ein interessanter Film, der seine Spielhandlung mit Dokumentarmaterial aus den fünfziger Jahren verbindet.

 

Freitag 03.05. 14.00 CCENTRUM PANORAMA ,VARNSDORF

Samstag 04.05. 13.00 KUNSTBAUERKINO 2, GROSSHENNERSDORF

 

 

Journal No.1 - An Artist´s Impression

Österreich 2007

Regie: Hito Steyerl

"Journal No. 1" lautete der Titel der ersten bosnischen Filmmonatsschau aus dem Jahr 1947, die um 1993 während des Krieges zerstört wurde. Das Journal zeigte unter anderem die Alphabetisierung muslimischer Frauen, die Teil umfassender Emanzipations- und Aufklärungsmaßnahmen im kommunistischen Nachkriegsjugoslawien unter Tito war: Das Abnehmen der Schleier oder Kopftücher sowie die Fähigkeit zu lesen oder schreiben wurden auf breiter Ebene gefördert.

Hito Steyerls Film/Installation ist ein Versuch, diese Filmszene zu rekonstruieren: Zwei Mitarbeiterinnen des Filmmuseums Sarajevo werden gebeten, ihre Erinnerungen an das Journal so zu schildern, dass sie von einem Zeichner festgehalten werden können. Während wir also den Erzählungen von Devleta Filipovic und Halid Bunic lauschen, sehen wir durch die Hand des Zeichners Arman Kulasic zwei unterschiedliche Bilder einer Schulklasse entstehen.
Doch weichen nicht nur die Erinnerungen der beiden Zeuginnen voneinander ab, auch die Meinungen, was tatsächlich mit den Filmrollen passiert sei, gehen auseinander. Sind sie wirklich verbrannt? Oder wurden sie doch von serbischen Truppen nach Belgrad gebracht?

 

Freitag 03.05. 15.00 KUNSTBAUERKINO 2, GROßHENNERSDORF

ALS VORFILM ZU "A STRANGER"

 

 

Life is everywhere

NL 2000 | 55 min

Regie: John Albert Jansen      

Dokumentarfilm über den tschechische Schriftsteller Bohumil Hrabal, in denen Hrabals surreale Welt und ihre Bewohner zum Leben erweckt werden.
Die besondere Stärke von Hrabals Schreiben ist das Zusammenspiel von Alltagssituationen mit den erhabenen Weiten des menschlichen Geistes.

 

Donnerstag 02.05. 17.00 h Centrum Panorama, Varnsdorf

Sonntag 05.05. 10.00 h Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

zusammen mit dem Film "Perli?ky na dn?•"

 

Perli?ky na dn?• / Perlen auf dem Meeresgrund

CSSR 1965 | 105 min

Regie: JiÅ™í­ Menzel, Jan N?›mec, Evald Schorm, V?›ra Chytilová, Jaromil Jireš

 

In fünf Episoden nach Kurzgeschichten des Schriftstellers Bohumil Hrabal entführt der Omnibusfilm den Zuschauer mit einer bunten Mixtur aus dokumentarisch anmutenden, surreal-farbenfrohen und poetisch-experimentellen Bildern in ein seltsames Universum, bevölkert von schwadronierenden Rennsportfreaks, hochstaplerischen Greisen, jungen Selbstmörderinnen, manischen Malern und verführerischen Zigeunerinnen. Da hier bis auf Miloš Forman alle zentralen Protagonisten der jungen Regie-Generation die Gelegenheit nutzten, ihre individuelle künstlerische Handschrift zu demonstrierten, galt das Gemeinschaftswerk als inoffizielles Manifest der "Neuen Welle" und zugleich als Reverenz an deren literarischen Mentor, der gerade zur Symbolfigur einer neuen populären Nationalkultur avancierte. Hrabals absurde, satirische und tragikomische Geschichten aus der Welt der "kleinen Leute" eröffneten den fünf Regisseuren die Möglichkeit, neue Formen des komischen Erzählens auszuprobieren und statt sozialistischer Bewusstseinsbildung die Originalität eigensinniger Charaktere in den Mittelpunkt zu stellen.

 

Donnerstagh 02.05. 17.00 Centrum Panorama, Varnsdorf

Sonntag 05.05. 10.00 KUNSTBAUERKINO 2, GROSSHENNERSDORF


 

 

German Unity@Balaton

Ungarn Deutschland 2011 | 78 min
Regie: Péter Forgács

Vor dem Mauerfall und dem Ende des Eisernen Vorhangs wurde Ungarn auch "die fröhlichste Baracke im sozialistischen Lager" genannt. Jeden Sommer fand dort während der Ferienzeit am Balaton, dem Plattensee, eine deutschdeutsche Wiedervereinigung im Kleinen statt. Dass diese unter intensiver Beobachtung durch die Geheimdienste des ungarischen wie des ostdeutschen Staates stattfand, ahnte damals jedoch keiner.

 

Sonnabend 04.05. 10.00 Kunstbauerkino 1, Großhennersdorf

 

Žert / The Joke

CSSR 1968 | 80 min

Regie: Jaromil Jireš

Darsteller: Josef Somr, Jana Dí­tetová

Auch nach 15 Jahren kann der tragikomische Held die Auswirkungen seines Studentenscherzes nicht überwinden, für den er von der Uni verwiesen wurde und als Klassenfeind in einer Strafkompanie dienen musste. Er will sich am erfolgreichem Dozenten rächen, der an seinem Unglück beteiligt war... Zweifellos der beste Film des Regisseurs Jaromil Jireš.

 

Sonntag 05.05. 13.00 Kunstbauerkino 2, Großhennersdorf

 

THE PRESENCE OF ARNOST LUSTIG

Regie: Eva Lustigová

Beginnend mit dem 80.Geburtstages ihres Vaters im Jahr 2006 zeichnet Eva Lustigová ihre Gespräche mit der Kamera auf. Der tschechische Schriftsteller erinnert sich an seine Kindheit, die durch den Holocaust geprägt war, aber auch an andere Momente in seinem Leben. Mit frischem Auge reflektierte er ebenso humorvoll die Gegenwart.
Der Film strebt nicht nach  biografischer Vollständigkeit,  viel wichtiger ist die Persönlichkeit eines Schriftstellers, der auch am Ende seines Lebens nie in Sentimentalität oder Selbstmitleid verfiel.

 

 

Freitag 03.05. 18.30 h Centrum Panorama, Varnsdorf

Sonnabend 04.05. 16.00 Hillersche Villa, Zittau

Zu Gast: Eva Lustigova

 

Magyarország 2011 / Ungarn 2011

Ungarn 2012 90 min

Regie: Bela Tarr


Ungarns international berühmtester Regisseur Béla Tarr ("Satanstango") hat diesmal als Produzent elf Regisseurkollegen aller Generationen zusammengetrommelt, um gemeinsam den Episodenfilm UNGARN 2011 zu realisieren. Der Film ist ein Aufschrei in einem Land, in dem die rechtsorientierte Regierung von Premierminister Viktor Orbán die Kultur- und Filmarbeit immer mehr beschneidet. Ein Gemeinschaftswerk aus formal vielseitigen Kurzfilmen zur Lage der Nation, ein trotziger Beleg für die Lebenskraft und den Widerstandsgeist des ungarischen Kinos.
So verbindet í€gnes Kocsis den Tagesablauf einer Obdachlosen mit der "Säuberung" öffentlicher Räume im Orbán-Ungarn; Ferenc Törok konfrontiert Beobachtungen vom Kleinhandel auf dem Budapester Moszkva-Platz mit einer Rede des Premierministers gegen Faulenzerei und Müßiggang; András Jeles gewinnt dem Satz der europäischen Aufklärung "Ich denke also bin ich" ganz neue Facetten ab. Und der 90jährige Altmeister Miklós Jancsó folgt mit seiner Kamera den Pirouetten einer Tänzerin durch ein verfallendes Industriegelände, um mit dem programmatischen Ausruf zu enden: "Wir sollten hier nicht filmen, wir sollten schreien!"

 

 

Sonnabend 04.05. 11.30 h Kunstbauerkino 1, Großhennersdorf